Filmarchitektur, Szenenbild und Set-Design im Wandel • Filmpuls (2024)

Filmarchitektur, Szenenbild und Set-Design im Wandel • Filmpuls (1)

Das Set-Design kann einen Film in wenigen Sekunden prägen. Man denke an die bewusst maskulin gestaltete Filmarchitektur in „The Power of the Dog“ oder das minimalistisch-kubistische Szenenbild in der Serie „The Squid Game“. Dennoch steht dieser enorm wichtige Bereich der Filmgestaltung vor enormen Herausforderungen.

Filme und Serien benötigen die großartige und visuell hochwertige Drehorte. Dieses Bedürfnis und damit dasjenige nach Filmarchitektur bleibt auch in Zukunft bestehen. Die Art und Weise, wie diese Szenenbilder entstehen, ist beim Set-Design aber bereits heute einem ebenso radikalen wie anspruchsvollen Wandel unterworfen.

Filmarchitektur und nachhaltiges Wirtschaften

Nebst den künstlerischen Anforderungen an die Filmarchitektur galten über Jahrzehnte für das Szenenbild nur zwei Bedingungen: maximale visuelle Wirkung zu möglichst tiefen Kosten. Und selbst wenn, wofür die Bondfilm-Reihe bekannt und berühmt ist, ein Budget zur Disposition stand, für das ein Autorenfilmer einen ganzen Film drehen kann: Umwelt und Nachhaltigkeit waren nie ein Thema.

Filmarchitektur, Szenenbild und Set-Design im Wandel • Filmpuls (2)

© Foto: Pavel S.

Im Fokus

Da passiert was: Green Shooting und Green Production bei TV, Film und Video

Wir haben keinen Planeten B! Diese Tatsache rückt auch in der Film- und Fernsehindustrie immer stärker in den Fokus. Diverse Initiativen und Bemühungen von Produzenten, Verbänden, TV-Anstalten und Filmschaffenden bemühen sich aktiv darum, Wege zu erarbeiten und aufzuzeigen, wie TV-Formate und Filme nachhaltig hergestellt werden können.

In der TV-Landschaft hat dazu bereits 2015 das ZDF ein Gütesiegel für nachhaltige Dreharbeiten etabliert. Im Rahmen einer deutschlandweiten Initiative für nachhaltiges Produzieren wurde ein Arbeitskreises „Green Shooting“, in dem neben öffentlich-rechtlichen Sendern auch diverse Förderer, Produzenten und Verbände vertreten sind. Ziel ist die Einführung eines nationalen Drehpasses zur einheitlichen, bundesweiten Zertifizierung von ökologisch nachhaltig produzierten Film- und Fernsehproduktionen.

Mit der Initiative „Sauber gedreht!“ hat die Seven.One Entertainment Group (ProSieben / SAT1) einen umfassenden Maßnahmenkatalog mit 14 Ziele für ökologisch nachhaltige Fernseh- und Filmproduktionen formuliert. Darin bekommen Produktionsunternehmen konkrete Handlungsempfehlungen an die Hand, um CO₂-Emissionen zu reduzieren und Ressourcen zu schonen.

In Deutschland arbeiten Werbefilmproduzenten an einer Methodik für umweltfreundliches Produzieren, ebenso wie der Schweizer Verband für Auftragsfilme.

Bevor ökologischer Fußabdruck und Karbonisierung ins Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit rückte, war das Set-Design – man kann es rückblickend leider nicht anders sagen – eine gnadenlose Dreckschleuder. Für ein Szenenbild kurz 10.000 m³ Styropor für eine künstliche Felswand in einem Filmset, in dem für 4 Stunden gedreht wird, verbauen? Warum nicht? Das Baumaterial anschließend wiederverwenden? Zu kompliziert und aufwendig – zumal auch die Kosten für die Entsorgung als Betriebsmüll schließlich in der Kalkulation enthalten sind.1

Fakt ist: Eine Stunde Filmproduktion erzeugt im Schnitt 5,8 Tonnen CO₂, was dem Jahresverbrauch eines EU-Bürgers entspricht. Bei den großen Blockbustern in den USA liegt dieser Wert zwischen zwölf und fünfzehn Tonnen CO₂. Wissenschaftlichen Berechnungen zufolge bringt eine einzige Tonne CO₂ rund drei Quadratmeter Eis in der Arktis zum Schmelzen.2

Es ist richtig und wichtig, dass mit dem Prinzip des Green Shootings mit aller Kraft dafür gekämpft wird, Filme umweltfreundlich und nachhaltig zu produzieren und darum auch Szenenbilder ökologischer zu bauen. Sogar beim Werbefilm. Für die Filmarchitektur bedeutet dies: ein radikales Umdenken. Was verbaut wird, muss nicht mehr nur gut aussehen. Sondern möglichst auch dem Netto-Null-Prinzip folgen. Diesen Anspruch könne viele Materialien und klassische Konstruktionsprinzipien nicht erfüllen.

Als Folge davon rückt die virtuelle Produktion nochmals verstärkt in den Fokus der Filmarchitektur. Wo das Set-Design in 3D programmiert statt physisch on Location gebaut ist, gibt es nichts zu rezyklieren und muss weder über Kreislaufwirtschaft diskutiert werden, noch ein sh*tstorm der Klimajugend befürchtet werden.

Virtual Production und Set-Design

Gegen die neuen Möglichkeiten, welche virtuelle Produktionswege eröffnen, muten der klassische Austausch von Hintergrundbildern mit Greenscreen und Chroma Key an wie ein Verfahren aus der Steinzeit.

Vor drei Jahren hat Hollywood verstärkt damit begonnen, nicht mehr nur beim Set-Design für Realdrehs auf neue Produktionswege zu setzen: die virtuelle Filmproduktion. Auch europäische Filmschulen bilden ihren Nachwuchs bereits auf Basis dieser bahnbrechenden Technologie aus. Die Kamera wird dazu mit einem Sensor-System an die 3D-Räumlichkeit gekoppelt. Dank dem Rendering der computergenerierten Filmkulisse in Echtzeit verändern sich Blickfeld, Perspektiven und Räumlichkeiten synchron mit den Kamerabewegungen. Nur die Schauspieler, die dank LED-Panel die digitale Filmarchitektur – anders, als bei Greenscreen – um sich herum sehen können, sind (vorderhand) noch echt. Solcherweise generierte Szenenbilder sind schon heute nicht mehr von realen Aufnahmen unterscheidbar.

Top 10 Movie Sets Ever Built

Das Set-Design verliert mit der virtuellen Produktion seine physische Komponente. Und gewinnt die Möglichkeit, dass in Zukunft die Filmarchitektur alles visualisieren kann, was die menschliche Kreativität und Vorstellungskraft für ein Szenenbild zulassen.

Quellen: 1 Dreharbeiten unter Leitung des Schreibenden in den Bavaria Studios, München, 1999; 2 www.werbefilmproduzenten.de/green-production

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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 01.06.2022

Filmarchitektur, Szenenbild und Set-Design im Wandel • Filmpuls (2024)

FAQs

Was macht ein Filmarchitekt? ›

Filmarchitekte/Filmarchitektinnen entwerfen, planen und realisieren Räume, Häuser oder ganze Straßenzüge, in denen Filme spielen. Ebenso entwerfen sie Filmdekorationen, z.B. für Kino- und Fernsehfilme.

Was macht man als Szenenbildner? ›

Szenenbildner*innen sind neben dem kreativen und planerischen Teil auch für die finanziellen Angelegenheiten des visuellen Konzepts (Szenenbilds) verantwortlich. Zu Beginn der Produktion planen sie die Kosten und stimmen diese mit dem/der Produzent*in ab.

Wie werde ich Set Designer? ›

Für den Beruf Set Designer*in gibt es keine spezielle Ausbildung. Viele Set Designer*innen haben eine Ausbildung oder Berufspraxis als Bühnenbildner*in, Szenenbildner*in oder Requisiteur*in.

Wie nennt man ein Bühnenbild im Film? ›

In einem Film wird das Bühnenbild meist als Szenenbild bezeichnet. Dieses kann man im Nachhinein in der Postproduktion dem Gesamtbild anpassen bzw. nachkorrigieren. Zuständig für die Gestaltung des Bühnenbildes ist der sogenannte Bühnenbildner.

Wie viel verdient ein Szenenbildner? ›

Gehalt für Bühnenbildner/in in Deutschland
DeutschlandDurchschnittliches GehaltOffene Stellen
Bühnenbildner/in in Stuttgart41.200 €Jobs in Stuttgart
Bühnenbildner/in in Köln40.700 €Jobs in Köln
Bühnenbildner/in in Bonn40.000 €Jobs in Bonn
Bühnenbildner/in in Hamburg39.900 €Jobs in Hamburg
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Wie viel verdient man als Filmer? ›

Vereinfacht kannst du mit etwa 48 bis 65 Prozent deines Bruttogehalts rechnen, wenn du Vollzeit arbeitest. Somit verdienst du als Film Producer ungefähr 19.536 € - 26.455 € netto im Jahr.

Welche Fähigkeiten braucht man als Kameramann? ›

Räumliches Denken ist für die Kameraführung ebenso wichtig wie die Beobachtungsgenauigkeit. Insgesamt ist ein gewisser Sinn für Ästhetik für diese Arbeit nötig. Diese Ästhetik musst du als Kameramann mit Hilfe deiner Technik einfangen. Mit einem technischen Verständnis fällt dir die Bedienung der Kameras leichter.

Wie kann man in der Filmbranche arbeiten? ›

Die meisten Berufe rund um Film und Fernsehen kannst du mit Abitur oder Fachabitur erlernen. Manchmal reicht aber auch berufsrelevante Praxiserfahrung aus. Für ein Studium im künstlerischen Bereich musst du in der Regel dein Talent unter Beweis stellen.

Was ist Produktionsdesign beim Film? ›

Das Production Design bestimmt das visuelle Erscheinungsbild eines Films. Es ist der Oberbegriff für Szenenbild, Kulissen, Dekorationen, Filmbauten und Requisiten in einem Film.

Wie viel verdient ein Set Designer? ›

Wenn wir uns die Gehaltsstatistik von Set Designer in Deutschland ab dem 24. April 2024 ansehen, verdient der vertretene Arbeitnehmer 83.401 €; genauer gesagt 6.950 € pro Monat, 1.604 € pro Woche oder 40,88 € pro Stunde.

Was macht man als Filmdesigner? ›

In Zusammenarbeit mit dem Regisseur ist der Producion Designer auch dafür verantwortlich, wie ein Film auf die Leinwand gebracht wird. Dem Produzenten legt er zudem Kalkulationen und Ablaufpläne vor, um den Film mit dem verfügbaren Budget und innerhalb einer bestimmten Zeit fertigzustellen.

Wo verdient man am meisten als Designer? ›

Das durchschnittliche Gehalt für Designer in Deutschland liegt bei ca. 45.000 Euro brutto. Die höchsten Gehälter erzielen Designer in Hessen und Baden-Württemberg. Die Top-Branchen für ein hohes Design Gehalt sind die App- und Software-Entwicklung, die Werbebranche, die Automobilindustrie und die Konsumgüterindustrie.

Wie werde ich Szenenbildner? ›

Wie wird man Szenenbildner:in? Klassischerweise sind Szenenbildner:innen studierte Szenograf:innen oder Bühnenbildner:innen. Aber auch ein Studium in den Bereichen Architektur, Visuelle Kommunikation oder Design mit anschließender Weiterbildung und einschlägiger Arbeitserfahrung ermöglicht den Einstieg in den Beruf.

Was für einen Abschluss braucht man als Bühnenbildner? ›

Formal bestehen für diesen Beruf keine festgeschriebenen Voraussetzungen. Eine vorhergehende Ausbildung als Bühnenmaler:in/Bühnenplastiker:in kann hilfreich sein, da diese Grundwissen vermittelt und die Berufschancen erhöht. Grafik- und Fotodesign sowie Innenarchitektur können ebenfalls eine Grundlage bilden.

Wie nennt man die Leute hinter der Bühne? ›

Kostümbildner. Kostümbildner arbeiten mit den Bühnenbildnern eng zusammen; an kleineren Häusern übernimmt der Bühnenbildner auch häufig die Aufgaben des Kostümbildners. Kostümbildner arbeiten frei wie auch fest angestellt.

Was macht ein Film Designer? ›

In Zusammenarbeit mit dem Regisseur ist der Producion Designer auch dafür verantwortlich, wie ein Film auf die Leinwand gebracht wird. Dem Produzenten legt er zudem Kalkulationen und Ablaufpläne vor, um den Film mit dem verfügbaren Budget und innerhalb einer bestimmten Zeit fertigzustellen.

Was macht man als Filmeditor? ›

Ein Filmeditor oder Editor (ältere Bezeichnungen: Cutter, Schnittmeister) ist eine Person, die das bei Dreharbeiten entstandene Rohmaterial eines Filmes oder einer Fernsehproduktion durch den Schnitt bzw. die Montage gestaltet.

Was macht ein Filmmaker? ›

Filmmaker bezeichnet: Filmemacher, treibende künstlerische Persönlichkeiten hinter einem Film. im engeren Sinne der Filmproduzent und Filmregisseur eines Films. Filmmaker (Film), US-amerikanischer Dokumentarfilm von George Lucas aus dem Jahr 1968.

Was ist die Aufgabe eines Produzenten beim Film? ›

Zu den Aufgaben eines Produzenten gehören die Planung, Koordinierung und Verwaltung des Drehbuchs und des Schreibens, der Besetzung, der Regie und des Schnitts sowie der Finanzen, des Marketings, der Veröffentlichung und des Vertriebs eines Films.

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